Dies ist der zweite Roman des Autors Khani, der sich bereits mit dem Band Hund Wolf Schakal einen Namen machte. Unabhängig voneinander lesbar, entwickeln diese beiden herausragenden Bücher jeweils einen sehr eigenen Klang, sind geschrieben in einer Sprache, die sich der unterschiedlichsten Nuancen bedient. Khani schafft in Als wir Schwäne waren poetische Bilder von Gewalt und Überlebenskampf, ohne die Härte des Daseins in einer Siedlung im Ruhrgebiet der 90er Jahre zu beschönigen. Der Erzähler war zehn Jahre alt, als die Familie aus dem Iran nach Deutschland floh. Seine Mutter ist Soziologin, sein Vater Schriftsteller; sie alle sind auf der Suche. Wonach? „Wir sind ein Alptraum. Ich weiß nur nicht, wessen.“ In ihrer Sprache gibt es fünfzehn unterschiedliche Begriffe für Stolz. Wieviele gibt es im Deutschen? Der Junge rutscht immer weiter in eine Welt, in der Gewalt das maßgebliche Mittel ist, um sich zu behaupten, ja, er begibt sich aktiv in diese Welt, die seine Eltern nicht verstehen. Die unterschiedlichen Welten kollidieren, heftig und schmerzhaft für beide Seiten. Wir werden Zeuge dieser Unterschiede, erfahren beiläufig, äußerst treffend und genau erzählt, viel über deutsche Geschichte, über die deutsche Sprache, manches über den Iran. Wir lernen, was es bedeuten kann, niemals anzukommen. Mit dem Erzähler und dem Autor denken wir neu über den Begriff der Heimat nach – und die Unterschiede von Höflichkeit und Freundlichkeit, Interesse und Neugier. Auch, dass es in unserem Land zwar Beileid oder Mitgefühl gibt, aber kein Mitleid.
Ein großartiges Buch. Ein Buch, das bei jedem Wiederlesen seine Kraft und Schönheit neu entfaltet. [SB]
Behzad Karim Khani: Als wir Schwäne waren (Bestellen)
Hanser Berlin Verlag, 22 Euro