Verbrecher Verlag, 20 Euro

 

„… Du gabst mir meine Flügel zurück.
Du empfingst mich zugewandt.
Du gabst mir das verlorene Haus zurück,
am Ende des langen Weges der Flucht.
Auch wenn ich nicht aus deinem Leib entstammte,
Werde ich vielleicht doch noch ein Segen für dich sein
Jetzt, da ich der Heimat fern bin, bist du das Haus meiner Hoffnung. 

Jamal Abasi, S. 133

 

Jamal Abasi, Autor dieser Zeilen, kommt aus Afghanistan. Er ist einer von 29 Lyriker:innen, die in arabischer, kurdischer, persischer und ukrainischer Sprache im kürzlich erschienenen Lyrik-Band des Verbrecher Verlages zu finden sind. Sie erzählen in ihren Texten von Zweifel und Ängsten, von Erlebtem (oft Unvorstellbarem). Auch ihre Sehnsucht und Trauer lernen wir kennen, genauso wie ihre Träume und Hoffnungen: „bleibt nur die Hoffnung / dass am Ende des Weges / eine brennende Kerze auf uns wartet.“ (S. 75)

Die Gedichte sind ein kleines Wunder. Menschen, die verschiedene Gewalt- und Verlustformen durchleben mussten, überwinden ihre Sprachlosigkeit und schreiben. Sie öffnen sich, trotz der Unsicherheiten, die das Leben ihnen auch weiterhin aufzwingt. Sie hoffen darauf, gehört zu werden. Dies ist das Ergebnis des Kunstprojektes Zeitzeug:innen der Zukunft – Geschichten der Deutschen von morgen. Durchgeführt in Workshops werden „junge Menschen mit Fluchthintergrund (…) begleitet, ihre Erfahrungen in Gedichten auszudrücken.“

Welche Prozesse bei den Schreibenden erfolgten, damit diese Gedichte erscheinen konnten, erfahren wir ebenfalls in diesem Band, jeweils als Einführung zu einem Kapitel. Damit bekommen wir Lesenden die Möglichkeit, bei diesen Gedichten noch genauer hinzuhören, hinzusehen.

Wenn ich mir zum Anfang eines Jahres etwas wünschen darf, dann, dass dieses Buch als Vorbild zu einer Alternative im Umgang mit Geflüchteten wird. Reden wir nicht, wie es die Populisten tun, ÜBER Geflüchtete, sondern mit ihnen, hören wir ihnen zu. Wir brauchen sie, und sie brauchen uns. [BS]

 

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