Die Taschenbuch-Empfehlung im Monat März 2023 ist ein Buch von Alba de Céspedes. 2021 als Hardcover erschienen, hat es kaum jemand wahrgenommen. Nun hat der Insel-Verlag es glücklicherweise als Taschenbuch erneut herausgegeben.

Mit Das verbotene Notizbuch gelang de Céspedes ihr literarischer Durchbruch. Der Titel bezieht sich auf die Aufzeichnungen der Protagonistin Valeria Cossati. Von einem plötzlichen Impuls gepackt, kauft Valeria ein Notizbuch und beginnt zu schreiben: über ihr Leben, ihre Lieben, über sich selbst und ihre Wünsche. Für sie, die die ihr auferlegten Rollen akzeptierte, wird das Schreiben zu einem Akt der Selbsterkenntnis, zu einem Weg, sich mit ihren eigenen Augen und nicht mit denen anderer zu sehen. Das Schreiben, das zur Reflexion zwingt, zerstört bei Valeria Welten, bringt sie aus der Fassung. Sie, die zunächst unscheinbar, farblos und langweilig erschien, bekommt allmählich Konturen und Profil.

Die Autorin zeigt schonungslos die Lebenswirklichkeit der Frau. Damit hat sie Lesende ihrer Zeit angesprochen. Sie steht darin in der Tradition großer anderer Autor:innen. Das verbotene Notizbuch ist ein Klassiker der feministischen Literatur, der noch heute gilt. Es ist genauso Pflichtlektüre wie Woolfs Ein Zimmer für sich allein oder manche Bücher von Simone de Beauvoir.

Insel Verlag, 12 Euro

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Was für ein freches, bitterböses, komisches Werk! Die junge Amerikanerin Maud, Hauptfigur in Tergits Roman, ist mondän, gutgläubig und naiv. Sie kennt kaum etwas von der Welt außerhalb der illustren New Yorker Gesellschaft, in der sie sich bisher bewegte. Mit ihrem Onkel begleitet sie eine britisch-amerikanische Militärmission nach Europa, nach Berlin. Ziel ist es, die Deutschen demokratische Prinzipien zu lehren. Es ist eine bunte, abenteuerliche Gruppe, die in Tergits kleinem Roman zusammenfindet. Das ermöglicht der Autorin, ihrem Erstaunen und Entsetzen über ein völlig zerstörtes Land, in das sie selbst 1949 zum ersten Mal aus dem Exil in England reist, Ausdruck zu verleihen. Dazu bedient sie sich quirliger Dialoge und zwischen den Sprachen Deutsch und Englisch pendelnder Gespräche. Es ist einerseits größtes Vergnügen, dies zu lesen, zeigt aber zugleich Tergits traurige Erkenntnis von einem Land, das moralisch zerrüttet, überheblich, und in weiten Teilen immer noch unbelehrbar war in jenen frühen Nachkriegsjahren. „Seit die Deutschen wieder zu essen haben, fühlen sie sich wieder obenauf“, so schrieb Tergit 1949 an einen Journalisten-Kollegen. Aber nicht nur die Deutschen, alle, Amerikaner wie Europäer, bekommen bei Tergit ihr Fett ab. Zurecht stand in der Süddeutschen Zeitung vom 25. 2. 2023, dass dieses Buch zu lesen ein Glück sei.

Schoeffling & Co. Verlag, 22 Euro

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